Laura Oberholzer
ist seit zwei Jahren Leiterin der Midnightsports in Zuzwil.
Mathias Binswangers Motto: «Wir sollten das Glas nicht zu einem Zehntel als leer,
sondern zu neun Zehnteln als voll sehen.»
Schweizerinnen und Schweizer gehören laut aktuellen Rankings zu den glücklichsten Menschen der Welt. Doch kann man Glück tatsächlich messen? Und welche Rolle spielen Einkommen und Alter dabei? Antworten liefert der Ökonom und Autor Mathias Binswanger.
Eschlikon Immer wieder hört man: «Materieller Wohlstand allein führt nicht automatisch zu mehr Lebenszufriedenheit» oder: «Glück kann man nicht kaufen.» Dennoch belegt die Schweiz aktuell den neunten Platz im World Happiness Report vom Jahr 2024. Wie kommt diese Studie darauf, dass Schweizerinnen und Schweizer so glücklich sind, und macht dabei Aussagen, dass ältere Menschen sogar noch glücklicher sein sollen als jüngere. Wie Glück gemessen wird und welchen Einfluss Faktoren wie Einkommen und Alter dabei haben, hat Mathias Binswanger den WN im Interview verraten. Binswanger ist ein renommierter Ökonom, Professor für Volkswirtschaft an der Fachhochschule Nordwestschweiz, Autor und Publizist.
Mathias Binswanger, weshalb sollen ältere Menschen glücklicher sein als jüngere?
Dieses Phänomen beobachten wir in vielen Ländern. Menschen sind glücklich, wenn sie jung sind, und geraten dann in der Mitte des Lebens in ein Wellental, aber werden aufs Alter hin wieder glücklicher. In der Mitte des Lebens haben Menschen oft viel Stress und Zwänge und wenig Zeit für Dinge, die sie eigentlich gerne tun. Das wird im Alter wieder besser.
Wie verändert sich das Glücks-gefühl oder Glückempfinden im Laufe des Lebens und wie misst man das Glück?
Es gibt keine Messgeräte, an welche wir Menschen anschliessen könnten, die uns dann einen objektiven Glückswert anzeigen. Also müssen wir Menschen nach ihrem Glück befragen und davon ausgehen, dass sie selbst wissen, ob sie glücklich sind oder nicht. In der Schweiz weisen Menschen ab 65 die höchsten Glückswerte auf.
Materieller Wohlstand allein kann wohl nicht das Mass der Glückseligkeit sein oder weiss man, ob ältere Menschen mit einem geringeren Einkommen weniger glücklich sind?
In allen Altersschichten sind Menschen mit höherem Einkommen tendenziell glücklicher als Menschen mit geringerem Einkommen. Aber für die meisten Menschen in der Schweiz, egal in welchem Alter, liegt der Engpass zum Glück nicht mehr beim Einkommen, sondern bei anderen Dingen, wie zum Beispiel beim Sozialleben. Die Vereinsamung ist gerade für ältere Menschen einer der grössten Glückskiller.
Können Glücksrankings auch einen Wert darstellen für politische Entscheidungsträger? Wie kann ein Staat dafür sorgen, dass seine Einwohnerinnen und Einwohner glücklicher sind?
Der Staat kann seine Bewohner nicht direkt glücklich machen. Das wäre etwas zu viel verlangt. Aber er kann dafür sorgen, dass die Parameter durch die Politik so gesetzt werden, dass es den Menschen leicht gemacht wird, ein glückliches Leben zu führen. Das heisst zum Beispiel, dass Städte lebensfreundlich gestaltet sein sollen, sodass sich Menschen auf natürliche Art begegnen. Oder der Staat muss dafür sorgen, dass sich die Menschen sicher fühlen.
In Ihrem Buch «Die Tretmühlen des Glücks» warnen Sie vor falschen Idealbildern. An welche denken Sie in Bezug auf die ältere Generation?
Es begegnen uns heute in den Medien beziehungsweise in den sozialen Medien überall tolle Menschen, die faszinierende Dinge tun und gut aussehen. Diese Wirklichkeit ist aber nach oben verzerrt. Es scheint alles besser, faszinierender und schöner, als es in Wirklichkeit ist. Davon sollten wir uns nicht blenden lassen. Gerade auch das Alter begegnet uns da häufig in geschönter Form.
Ist eine gewisse Lebenszufriedenheit lernbar? Habe ich Glück, wenn mir meine genetische Veranlagung hilft, glücklicher zu sein?
Die Glücksforschung geht davon aus, dass die genetische Veranlagung etwa 50 Prozent unseres Glückes ausmacht. Das heisst: Es gibt Menschen, denen es leichter fällt, glücklich zu sein, und andere, denen es schwerer fällt. Aber die anderen 50 Prozent des Glücks haben wir in der Hand und können somit viel für unser eigenes Glück tun.
Und was ist, wenn einem dierealistische Sicht auf die Welt das Glücklichsein vermiest?
Dann muss man sich wieder einmal bewusst sein, dass Menschen noch nie in der Menschheitsgeschichte unter besseren Bedingungen gelebt haben, als wir heute in der Schweiz leben. Wir sollten das Glas nicht zu einem Zehntel als leer, sondern zu neun Zehnteln als voll sehen und unsere Möglichkeiten sehen.
Sehen Sie eine Chance darin, im Alter auszuwandern, oder ist Glücklichsein nicht ortsgebunden?
Wohin man auch immer geht, man nimmt sich selbst auch dorthin mit. Man kann überall glücklich oder unglücklich sein. Es sind vielmehr die Umstände, die das Glück ausmachen. Habe ich gute Freunde, die ich regelmässig treffen kann? Kann ich mich mit Dingen beschäftigen, die mich interessieren? Werde ich täglich mit Dingen konfrontiert, die dem Glück abträglich sind?
Was brauchen Sie persönlich, um glücklich zu sein?
Glücklich bin ich, wenn ich am Morgen aufwache und ich weiss, ich kann noch liegen bleiben und muss noch nicht aufstehen. Dafür braucht es nicht viel Geld. Wichtig ist, dass ich genug Geld habe, um mir keine Gedanken um Geld machen zu müssen.
Am Donnerstag, 6. März, findet im Bächelackersaal in Eschlikon das grosse Forum 60+ zur Thematik «Glück, Einkommen und Alter, wie hängt das zusammen?» statt. Dazu wird Mathias Binswanger in einem Referat noch tiefer auf die Thematik eingehen. Beginn ist um 14 Uhr, eine Anmeldung ist nicht nötig und der Eintritt ist kostenlos.
Ruth Bossert/jms
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