Sarah Büchel
bebildert das Gemeindeblatt in Uzwil mit ihren Drohnenbildern.
Gemeindepräsident Patrick Marcolin stört sich an verschmutzten Strassen – Pferdehalter sehen in diesem Schmutz einen Nutzen für die Natur
Bettwiesen Ein Pferd hinterlässt pro Tag bis zu 14 Kilogramm Mist. Bei über 100’000 Pferden in der Schweiz entspricht das tonnenweise Pferdeäpfeln, die zum Leid der Bevölkerung auch immer wieder auf Schweizer Strassen und Wegen landen. Was aber passiert, wenn der Pferdekot nicht ordnungsgemäss mitgenommen wird? Wer muss sich dann da-rum kümmern und was für ein Mehraufwand entsteht dadurch für die Gemeinde? Bettwiesen-Gemeindepräsident Patrick Marcolin hat sich der Thematik angenommen: «Entweder werden die Rossbollen von einem Werkhofmitarbeiter zusammengenommen oder teilweise von Anwohnern, die sich ebenfalls daran stören.» Auch Marcolin selbst stört der Mist: «Mich stört jegliche Art von Verschmutzung auf oder entlang von Strassen und Wegen in unserer Gemeinde. Sei es Pferdemist oder weggeworfene Dosen, Papiere und Zigarettenstummel. Littering ist ein generelles Problem und ein Abbild unserer Gesellschaft.»
Ein Versuch, die Halter der tierischen Verschmutzer mithilfe der Polizei ausfindig zu machen und mit rechtlichen Konsequenzen zu konfrontieren, sei laut Marcolin nicht geplant: «Das wäre ein zu grosser Aufwand und das Resultat sicherlich sehr bescheiden. Oftmals sind die Reiter nicht nur in der Gemeinde unterwegs, in welcher das Pferd im Stall steht, sondern in der ganzen Umgebung. Es ist leider vielen Reitern nicht bewusst, dass sie gesetzlich dazu verpflichtet wären, die durch das Pferd verschmutzten Strassen und Wege zu reinigen. Ich würde eine Pferdesteuer, analog zur Hundesteuer, sehr begrüssen. Die Hundehalter zahlen mit ihrer Steuer unter anderem die Infrastruktur wie Robidog, Kotsäcke, aber auch die Leerung der Entsorgungsbehälter. Wieso sollen die Pferdehalter nicht auch ihren Beitrag leisten?»
Zur Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Pferdesteuer in absehbarer Zeit eingeführt wird und man auf den Strassen neben den bekannten Robidogs bald auch Pferdeapfel-Kübel findet, meint Marcolin: «Ich erachte die Pferdelobby als zu stark, als dass eine Pferdesteuer in naher Zukunft eingeführt werden könnte.» Auch die Umsetzung eines Robihorse sei laut Marcolin sehr unwahrscheinlich: «Am einfachsten bleibt es, wenn die Reiter nach dem Ausritt die Strecke abfahren und den Mist aufnehmen. Seperate Behälter erachte ich in der Praxis als nicht umsetzbar.» Während Gemeindepräsident Patrick Marcolin eine Pferdesteuer in Erwägung zieht, um dem Problem der liegen gelassenen Pferdebollen zu begegnen, zeigt sich Irene Schrackmann vom Reit- und Pensionsstall Schrackmann skeptisch gegenüber solchen Vorschlägen.
Schrackmann erklärt, dass ihre Anlage direkten Anschluss zum Wald habe und sie somit nicht durchs Dorf reiten müssen: «Reiter möchten meist gar nicht im Dorf reiten, sondern wollen schnellstmöglich in die Natur gelangen. Der Weg führt jedoch oft durch das Dorf, was für viele Ställe unvermeidlich ist. Pferde haben einen 24 Meter langen Darm und es kann vorkommen, dass sie in den ersten Metern bollen, weil die Verdauung aktiviert wird.» Auch spontane Reaktionen der Tiere, etwa die Angst vor plötzlichen Geräuschen wie Mardersensoren, können zu unerwarteten Bollen führen. «Das ist auch für uns Reiter nicht immer vorhersehbar. Pferde sind schliesslich Fluchttiere», so Schrackmann.
Die Einführung einer Pferdesteuer, wie Marcolin sie anregt, hält Schrackmann für wenig zielführend: «Pferde sind Verkehrsteilnehmer und haben das Recht, auf der Strasse zu laufen. Zudem sind wir mit unserem Betrieb gute Steuerzahler im Dorf.» Die Idee eines Robihorse, einer speziellen Entsorgungseinrichtung für Pferdemist, lehnt sie ebenfalls ab. «Das macht höchstens in der Stadt Sinn. Auf dem Land würde es reichen, wenn man die Pferdebollen in eine Wiese scharrt. Pferdemist ist total organisch, vegan und vollständig biologisch abbaubar. Entweder wird der Bollen vom Regen aufgelöst und weggeschwemmt oder trocknet und löst sich auf. Bei Hunden ist es anders, deren Kot enthält auch tierische Produkte und zersetzt sich schlechter und riecht auch stärker. Da sind Entsorgungsbehälter und deren Unkosten gerechtfertigt, aber nicht für Pferde.»
Der Reit- und Pensionsstall Schrackmann ist seit nunmehr 70 Jahren fest in Bettwiesen verwurzelt. «Pferde gehören hier seit jeher dazu», betont Schrackmann. «Vor 100 Jahren war fast jeder zu Pferd unterwegs, und diese Tradition lebt durch uns weiter.» Sie verweist auf die vielfältige Infrastruktur des Stalls, die es ermöglicht, dass viele Reiter gar nicht erst ins Gelände müssen. «Unser Sandviereck und die Halle werden intensiv genutzt, was auch die Anzahl der Bollen im Dorf reduziert.»
Schrackmann appelliert an gegenseitigen Respekt: «Unsere Familie ist in Bettwiesen verwurzelt und uns ist es wichtig mit allen einen guten Umgang zu pflegen. Unsere Reiter halten sich an Verhaltensregeln gegenüber Fussgängern und Autofahrern.» Die positiven Rückmeldungen überwiegen: «Viele Menschen freuen sich, uns zu sehen, und gerade für Kinder ist der Kontakt mit Pferden eine Bereicherung.»
Auch Edwin Bürge-Sutter hält seit 38 Jahren Pferde in Bettwiesen. Seine traditionellen Kutschen sieht man auf den dortigen Strassen regelmässig und er nennt sich auch selber liebevoll das «schnellste Verkehrshindernis von Bettwiesen». Für ihn ist das Einsammeln der Pferdebollen kein Problem, denn bei seiner Kutsche ist der «Bollen-Boy» – ein spezielles Kehrgerät – immer an Bord mit dabei. Wer dennoch einem frischen Bollen auf den Strassen begegne, solle sich nicht direkt aufregen: «Nicht jeder Reiter kann wie Bürge-Sutter seinen Bollen-Boy mitführen. Alle unsere Reiter fahren extra nach dem Ausritt die Strecke ab, um den Mist aufzunehmen, aber das kann schon mal eine bis zwei Stunden dauern», so Schrackmann.
Die Reitstallbesitzerin hat Verständnis für den Unmut: «Ich weiss, dass sich manche Menschen über den Pferdemist ärgern. Aber für viele andere hat er sogar einen durchweg positiven Nutzen. Viele Garten- und Rosenfreunde kommen sogar extra auf den Hof, um den Mist als Dünger abzuholen.» Und auch Bürge-Sutter wurde schon vor rund 25 Jahren um seine Bollen gebeten: «In den Anfängen von Biogas kam der Mist meiner Pferde bereits zum Einsatz und auch heute kommt regelmässig ein Bauer vorbei, für den der Mist als wertvoller Dünger fungiert.» Während die Gemeinde weiter über Lösungen nachdenkt, bleibt für Schrackmann und Bürge-Sutter alles beim Alten: «Wir nehmen unseren Mist mit und geben ihn denen, die ihn brauchen können.» Der Fokus auf Tradition, Naturnähe und pragmatische Lösungen prägt ihre Haltung: «Das Auto ist nur eine Modeerscheinung – doch das Pferdbleibt.»
jms
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