Sarah Büchel
bebildert das Gemeindeblatt in Uzwil mit ihren Drohnenbildern.
Die Fussball-EM schafft es, viele Menschen weltweit zu verbinden. Timo Rüegg aus Wiezikon hilft mit, dass auch Sehbeeinträchtigte und Blinde die Freude am Fussball teilen können. Der 16-jährige kommentiert Fussballspiele und macht sie so für alle erleb- und hörbar. Im Interview erzählt er von seinen bisher schönsten Erlebnissen oder den grössten «Fails» und warum er seine Tätigkeit beim gemeinnützigen Verein Blind Power niemals als Arbeit ansieht.
Wiezikon bei Sirnach In seiner Rolle als Kommentator Audiodeskription beschreibt Timo jedes Detail der Fussballspiele der Super League. Vom Farbenspiel der Trikots über die Reaktionen der Fans bis hin zu den Wetterbedingungen sowie der genauen Position der Spieler auf dem Feld und natürlich dem Verlauf des Spiels – Timo lässt keine Einzelheit aus. So können Menschen mit Sehbeeinträchtigung oder Blindheit das Spiel entweder zu Hause oder live im Stadion über die Webseite des Vereins Blind Power akustisch erleben und sich als Teil der Fussballgemeinschaft fühlen.
Timo Rüegg, was hat dich dazu motiviert, dich für den Verein Blind Power zu engagieren?
Ich bin seit rund drei Jahren Teil von «Blind Power» und kommentiere dort rund 20 Spiele im Jahr. Den Zugang gelegt hatte zuvor aber bereits mein Vater, Marcel Rüegg. Er fing schon vor vier Jahren mit Audiodeskriptionen an, weil jemand aus dem engeren Familienkreis an einer Sehbeeinträchtigung leidet. So stiess er zufällig auf den Verein Blind Power, als er sich zu dem Thema schlau gemacht hatte. Das Kommentieren von Fussballspielen für die kompletten 90 Minuten ist extrem anstrengend, entsprechend ist man eigentlich immer zu zweit. Meistens kommentieren mein Vater oder ein anderer Kommentator und ich die Spiele deshalb zusammen und wechseln uns alle fünf Minuten ab. Ich selber habe seit dem Kindergarten Fussball gespielt, durch eine Verletzung musste ich leider damit aufhören. Die Tätigkeit für «Blind Power» ermöglicht mir einen ganz neuen Zugang, meine Leidenschaft für Fussball trotzdem ausleben zu können und diese gleich mit einem gemeinnützigen Aspekt zu verbinden.
Wie hat das die Beziehung zu deinem Vater beeinflusst?
Wir hatten schon immer eine enge Vater-Sohn-Bindung. Aber die gemeinsamen Einsätze für «Blind Power» haben uns noch mehr zusammengeschweisst. Wir geniessen die Gespräche unterwegs im Auto auf dem Weg zu den Spielen und sind auch bereits gemeinsam auf Stadiontour durch die Schweiz gereist. Meine Familie war ursprünglich nicht so fussballbegeistert, doch seit ich damit angefangen habe, nimmt es schon einen grossen Stellenwert in unserem Leben ein.
Gibt es Dinge, die ihr beim Kommentieren nicht erwähnt?
Da wir vor allem deskriptiv beschreiben, was wir sehen, ist es besser, Emotionen und Meinungen wegzulassen. Das geht im Normalfall gut, da wir oft Spiele begleiten, bei denen wir keinen persönlichen Bezug zu den Teams haben. Auch unerwünschte Fanaktionen oder Pyros werden nicht erwähnt. Aber gute Stimmung, wie Jubel, Fan-Gesang oder eine La-ola-Welle, wird kommentiert.
Was war für dich dein bisher schönster Moment?
Häufig kommentieren wir Spiele, die dann einfach über die Webseite übertragen werden, ohne dass für uns ein direkter Dialog mit den Hörern entsteht. In einem Fall durften wir aber einen Mann, der durch seine Krankheit über Nacht erblindet ist, an ein Fussballspiel nach Griechenland begleiten. Es war die Idee von seinem Arzt, um ihm eine hoffnungsvolle Perspektive für seine neue Situation aufzuzeigen. Das war auch für mich sehr berührend, ich habe ihm angesehen, wie konzentriert er war und wie sehr er sich gefreut hat.
Gab es auch schon unerwartete oder lustige Momente?
Ja, da fallen mir direkt zwei ein. Einmal ist eine Fliege auf unserem Tablet gelandet und hat mit ihrem Körper die Pause-Taste gedrückt und so den Stream unterbrochen. Das haben wir aber relativ schnell gemerkt und so konnte es rasch weitergehen. Oder ein anderes Mal sind unsere Geräte wegen der starken Sonnenstrahlung überhitzt und so haben wir uns kurzerhand einen provisorischen Sonnenschutz aus einem Glacekarton gebastelt.
Ist das für dich Arbeit, Hobby, oder etwas anderes?
Fussballspiele zu kommentieren, fühlt sich für mich niemals wie Arbeit an. Im Gegenteil, es bereitet mir grossen Spass. Dass ich mich einmal nicht auf einen Einsatz gefreut hatte, gab es bisher noch nie. Beruflich bin ich im ersten Lehrjahr zum Mediamatiker.
Könntest du dir vorstellen, auch professionell als Moderator oder Radiosprecher zu arbeiten?
Ich habe mir das tatsächlich schon überlegt, ob eine Karriere als Sportmoderator infrage kommen würde. Doch ein Kommentator hört häufig, dass er zu viel redet. Bei unseren Übertragungen kann man eigentlich immer noch mehr sagen.
Was wünschst du dir für deine Zukunft bei «Blind Power»?
Ich plane auf jeden Fall, noch viele weitere Jahre dabei zu sein und finde es super, dass unser Verein mit SRF vor kurzem die Möglichkeit erhalten hat, auch EM-Spiele zu kommentieren. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass wir, sobald mehr Spendengelder verfügbar sind, den Menschen mit einer Blindheit Zugang zu noch weiteren Sport- und Kulturanlässen ermöglichen können. Das würde ich mir wünschen, um mit dem Engagement von Blind Power die Inklusion und Barrierefreiheit von Menschen mit einer Beeinträchtigung noch weiter zu fördern.
jms
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