Und am Schluss ist er der Lackierte

Uzwil Herbert Waldburger kann nicht verstehen, dass er für sein Handeln nun auch noch gebüsst wird. Er habe sicherlich etwas heftig reagiert, aber er habe nur klarstellen wollen, dass man nicht rückwärts aus einer Parklücke fahre, telefoniere und dabei Passanten einer unnötigen Gefahr aussetze. «Am Ende bin ich der ‹Löli› und muss über 1000 Franken an Gebühren und Busse bezahlen», ärgert sich der 70-Jährige. Doch was war eigentlich am 21. März 2023 passiert?

Gefährliche Situation

Kurz vor 10 Uhr war Herbert Waldburger in Begleitung seiner Mutter auf dem Weg zu seinem Auto auf dem Coop-Parkplatz in Uzwil. Dabei stellte er fest, dass jemand mit einem Wagen rückwärts aus einer Parklücke fuhr. «Der Wagen kam immer näher und näher. Ich realisierte, dass die Frau am Steuer uns wohl nicht sah, und meine Mutter und ich wichen zurück», sagt Waldburger. Als die Mutter ausser Gefahr war, ging er zum Auto. «Das Seitenfenster war offen und ich entriss der Fahrerin das Handy und warf es in den Innenraum des Fahrzeugs, dem Ehemann vor die Füsse. Ich wies die Fahrerin bestimmt auf ihr gefährliches Handeln hin. Das ist des Bürgers Pflicht», so Herbert Waldburger. In der Folge sei es zu einem Wortgefecht gekommen. Der aufgebrachte Beifahrer sei ausgestiegen und Waldburger habe klar gemacht, dass man dies gütlich regeln könne. Die Frau habe beim Versuch, Waldburgers Autonummernschild zu fotografieren, ihr Handy fallen lassen. Dabei habe das Display Schaden genommen, so Waldburger. In der Folge kam es zu einer Anklage des Ehepaars gegen Waldburger wegen Beschimpfung und Sachbeschädigung.

Waldburger erhebt Einsprache

Am 11. Juli 2023 erhielt Waldburger den Strafbefehl des Untersuchungsamtes Gossau.

Gemäss diesem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, hatte Waldburger jemanden in anderer Weise durch Worte in seiner Ehre angegriffen sowie eine Sache, an der fremdes Eigentums-, Gebrauchs oder Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt. Gegen die Verfahrenskosten, inklusive Busse von 700 Franken, erhob Waldburger tags darauf Einsprache. In einem handschriftlichen Dokument an die Staatsanwaltschaft schreibt Waldburger unter anderem: «Es hat keine Beschimpfung stattgefunden. Es war lediglich eine Belehrung, nicht mit dem Handy am Ohr Auto zu fahren.» Zur Sachbeschädigung schreibt er, ihr Mann habe schon beim Aussteigen gerufen: «Du nicht berühren meine Frau.» «Ich habe mich daran gehalten und die Frau nicht berührt. Ich wollte keine handgreifliche Konfrontation riskieren», sagt Waldburger.

Falsche Rechnung

Aufgrund von Waldburgers Einsprache landete der Fall letztlich vor dem Kreisgericht Wil. Da eine Beschimpfung wegen fehlender Tonaufnahmen, die Kamera beim Coop liefert lediglich Bildaufnahmen, nicht bewiesen werden konnte, wurde Waldburger diesbezüglich freigesprochen. Letztlich wurde er für die geringfügige Sachbeschädigung schuldig gesprochen. Das Kreisgericht Wil auferlegte ihm eine Busse von 200 Franken sowie Verfahrenskosten von insgesamt 1943 Franken, die er zur Hälfte tragen muss. «Am 1. März erhielt ich eine Rechnung von sage und schreibe 2143 Franken. Das konnte nie und nimmer stimmen», war sich Waldburger sicher. Er habe dann versucht telefonisch, den Sachverhalt der Staatsanwaltschaft zu schildern. «Ich wurde mehrere Male telefonisch weiterverbunden, scheinbar war wohl niemand zuständig dafür», ärgert sich Waldburger. Nach dem siebten Versuch klappte es endlich und die Rechnung wurde auf 1171.50 Franken korrigiert. Ob Waldburger die Rechnung bezahlt, weiss er noch nicht. «Mich ärgert es, dass ich jemanden auf eine Gefahr und eine strafbare Handlung hingewiesen habe und nun die Zeche dafür zahlen muss. Künftig werde ich einfach wegschauen und denken, das geht mich nichts an», sagt er abschliessend.

Von Andreas Lehmann