Claudia Keel-Graf
erklärt, mit welchen Zutaten dasThurbobräu gebraut wird.
Die Jugendlichen verhüten so wenig wie nie – diese Erkenntnis teilt die Weltgesundheitsorganisation in einem aktuellen Bericht mit. Larissa Greive ist leitende Ärztin Gynäkologie und Geburtshilfe im Spital Wil und erklärt, welches Möglichkeiten sind, um diesem Trend entgegenzuwirken.
Wil Fast ein Drittel der Jugendlichen gab bei einer Umfrage der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an, beim letzten Geschlechtsverkehr weder Kondom noch Pille benutzt zu haben. Befragt wurden 242’000 Jugendliche im Alter von 15 Jahren aus 42 Ländern. In der Schweiz haben 22 Prozent der männlichen Jugendlichen beim letzten sexuellen Kontakt kein Kondom und 28 Prozent der gleichaltrigen Mädchen weder Kondom noch Pille verwendet. Diese Zahlen sind laut WHO besorgniserregend hoch. «Sexuelle Erkrankungen treten aktuell immer häufiger auf», sagt Dr. med. Larissa Greive, leitende Ärztin Gynäkologie und Geburtshilfe im Spital Wil. «Eine unweigerliche Folge von ungeschütztem Geschlechtsverkehr.»
Im Rahmen der Prävention von Aids gab es in den 80er-Jahren im öffentlichen Raum grosse Kondomkampagnen. Die HIV-Zahlen zeigen sich rückläufig, ausserdem könne HIV mittlerweile gut therapiert werden, so Greive. Sie vermutet, dass aufgrund der niedrigen Fallzahlen gerade HIV, aber auch andere Geschlechtskrankheiten bei Jugendlichen nicht mehr genügend präsent sind. «Das Kondom sollte weiterhin als sinnvolle Massnahme dargestellt werden», betont die 37-jährige Kinder- und Jugendgynäkologin. Dafür schlägt sie Präventionskampagnen vor. «Um schnellen Zugriff auf Kondome zu haben, gibt es beispielsweise Apps, die den nächsten Kondomautomaten lokalisieren», fügt sie an. Solche Angebote sollen zugänglicher gemacht werden. Weiter könne die kostenlose Abgabe von Kondomen in Betracht gezogen werden. Aktuell werde ausserdem ein einfacherer Zugang zu hormonellen Verhütungsmitteln über Apotheken geprüft.
Prävention könne aber nicht ohne Aufklärung erfolgen. Auch wenn diese in der Schule Pflichtstoff sei – Aufklärung sei auch Aufgabe der Eltern oder Erziehungsberechtigten, so Greive. Zu früh gebe es dafür nicht, solange es altersgerecht sei, betont sie. «Als Mutter von zwei Mädchen weiss ich, dass man dies auch bereits in einem sehr jungen Alter machen kann.» Die Mädchen der Kinder- und Jugendgynäkologin sind drei und sechs Jahre alt. «Ich rede nicht von Bienchen und Blümchen, sondern nenne es beim Namen», betont sie. So könne man zum Beispiel beim Wickeln bereits anatomisch korrekte Begriffe benutzen und ein Bewusstsein für den eigenen Körper und das Setzen von Grenzen fördern. «Verniedlichungen lasse ich in der Sprechstunde bewusst weg», sagt die Gynäkologin.
Aufgrund ihrer beiden Töchter sowie dem Wunsch, eine ganzheitliche Betreuung der Frau anbieten zu können, hat sich Larissa Greive vor einigen Jahren zusätzlich zur Kinder- und Jugendgynäkologin weiterbilden lassen. «Die ganzheitliche Betreuung der Frau fängt bereits im Säuglingsalter an», begründet sie ihre Weiterbildung. Die sensible Phase des Erwachsenwerdens sei eine der grössten Herausforderungen in der Kinder- und Jugendgynäkologie. «Ein Mädchen ist nicht gleich eine junge Frau», so Greive. Bei Mädchen müsse sie Überzeugungsarbeit leisten, um in Gesprächen und äusseren Untersuchungen eine Diagnosefindung zu ermöglichen. «Vertrauen ist sehr wichtig, um einen Zugang zu finden.»
Die 37-Jährige arbeitet seit Dezember 2023 als leitende Ärztin in der Gynäkologie und Geburtshilfe im Spital Wil. Dort und im Ostschweizer Kinderspital bietet sie unter anderem gynäkologische Sprechstunden für Kinder und Jugendliche an. Ein häufiger werdendes Thema bei Jugendlichen ist aktuell die hormonfreie Verhütung, die sogenannte Hormonangst, weiss Greive. Bewerten möchte die Kinder- und Jugendgynäkologin diesen Trend nicht. «Es ist gut, dass unterschiedliche Verhütungsmethoden hinterfragt werden. Mir ist wichtig, dass meine Patientinnen über alle Möglichkeiten und deren Wirkungsweisen informiert sind, um für sich eine bewusste Entscheidung treffen zu können», betont sie.
Social Media spiele bei den aktuellen Entwicklungen ebenfalls eine Rolle: «Früher hatte die beste Freundin die Pille. Da wollte man auch die Pille haben. Heute sind potenzielle Nebenwirkungen von Hormonen, die HPV-Impfung und zyklische Schmerzen, beispielsweise wie bei Endometriose, in den sozialen Medien sehr präsent und regelmässige Themen in meiner Beratung», vergleicht die Gynäkologin. Die Einflussnahme durch Gleichalterige habe sich zwar verschoben, aber nicht grundsätzlich verändert.
Linda Bachmann
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