Laura Oberholzer
ist seit zwei Jahren Leiterin der Midnightsports in Zuzwil.
Angelo Scuderi ist seit bald 30 Jahren in Wil als Schuhmacher tätig. Per Ende Mai möchte er in den Ruhestand gehen. Der 67-Jährige erzählt von den Herausforderungen in der Branche und schwelgt in Erinnerungen vergangener Zeiten.
Wil Der erdige Geruch von Leder vermischt sich mit metallischen und beinahe süsslichen Noten von Klebstoffen und Werkzeugen – in der «Schuhbar» an der Marktgasse 26 riecht es nach Nostalgie. Und nach Kaffee. «Sizilianischer Espresso», sagt Angelo Scuderi. «Hatten Sie heute bereits einen Kaffee?»
Es ist Dienstagmorgen, kurz nach 9 Uhr. Angelo Scuderi hat seinen Laden erst einige Minuten zuvor geöffnet. «Unter der Woche ist nicht viel los», sagt er schulterzuckend. Die meiste Kundschaft habe er früher an Markttagen gehabt, doch seit Corona erhalte er auch samstags deutlich weniger Aufträge. Woran das genau liegt, weiss der Schuhmacher nicht. «Von der Schuhmacherei leben kann ich schon lange nicht mehr.» Dabei habe dies in seinen Anfangszeiten in der Schweiz noch ganz anders ausgeschaut: 1979 kam der Sizilianer aus einer Stadt namens Linguaglossa direkt neben dem Vulkan Ätna in die Ostschweiz. Damals besuchte er seine beiden Brüder, die in St.Gallen lebten. «Ich wollte ursprünglich zwei, drei Jahre hierbleiben», schmunzelt der frisch 67-Jährige. «Nun sind es 47 Jahre.»
Gelernt hat Angelo Scuderi das Handwerk in seiner Heimat. «Ich war jeweils vormittags in der Schule und half nachmittags bei einem Schuhmacher im Dorf aus», erzählt er. «Etwas Ähnliches wie eine Lehre gab es damals in Süditalien nicht.» In St.Gallen erhielt er bei einem grösseren Unternehmen eine Anstellung als Schuhmacher. Für dieses war Scuderi in verschiedenen Filialen in der Ostschweiz tätig. Arbeit habe es damals immer genug gegeben, erinnert er sich. «An dem einen Standort waren wir sechs Mitarbeitende und jeder hatte alle Hände voll zu tun.» In der Äbtestadt arbeitete der Sizilianer zuerst in einem Angestelltenverhältnis, bevor er sich 2001 selbstständig machte. Angelo Scuderi stellt seinen leeren Espressobecher auf die Werkbank und kramt in einer Schublade. Daraus hervor zieht er einen Stapel alter Zeitungsausschnitte. Der Schuhmacher tippt mit dem Zeigefinger auf ein Inserat einer Ausgabe der «Wiler Nachrichten» aus dem Jahr 2008. «Picobello – Schuh-, Schlüssel- und Gravurenservice» steht über dem Bild eines deutlich jüngeren Scuderis.
Ab Januar 2004 führte der Sizilianer im ersten Obergeschoss im Wiler Stadtmarkt sein eigenes Geschäft «Picobello», bis er es sechs Jahre später aufgrund eines Bandscheibenvorfalls einem Nachfolger übergab. 2015 übernahm er das Geschäft in der Marktgasse. Seine Gesundheit ist auch jetzt einer der Hauptgründe, weshalb der 67-Jährige wieder eine Nachfolge sucht. «Ich arbeite, seit ich ein Junge war. Nun bin ich nicht mehr der Jüngste. Ich merke, dass ich mein ganzes Leben viel körperliche Arbeit getan habe», so der Schuhmacher und fügt an: «Ich habe den Beruf immer sehr gerne gemacht. Es ist ein toller Beruf, der heute leider nicht mehr so gefragt ist.» Von ursprünglich dreizehn Schuhmachereien sind in Wil heute gerade mal zwei übrig. Eine Nachfolge zu finden, gestalte sich deshalb als äusserst schwierig. Der einzige Interessent, so Scuderi, habe ihm wieder abgesagt.
Auch wenn die Zukunft seiner Schuhmacherei noch ungewiss ist, für den Sizilianer ist klar: Ende Mai hängt er seine berufliche Karriere so oder so an den Nagel – auch wenn Wil dann um eine weitere Schuhmacherei ärmer ist. «Ich möchte das Leben noch ein wenig geniessen. Wandern, Pilze sammeln, feine Carbonara oder Spaghetti al Sugo kochen», verrät Scuderi. In seine Heimat nach Linguaglossa zurückkehren möchte der Sizilianer aber nicht. «Ich gehe da gerne zwei bis drei Wochen in die Ferien. Aber immer wenn ich dort bin, bekomme ich Heimweh nach der Schweiz», sagt er und lächelt.
Linda Bachmann
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