Ursula Egli
nimmt Stellung zum Bericht der GPK.
Nach erfolgreicher Testphase wurde beim Wiler Unternehmen Kohler und Partner Elektro AG die Viertagewoche ab September definitiv eingeführt. Geschäftsführer Guido Kohler blickt auf die letzten Monate zurück und verrät, welche Herausforderungen das neue Arbeitszeitmodell mit sich bringt.
Wil «Für mich und das Unternehmen ist dies eine grosse Herausforderung», sagt Guido Kohler, Geschäftsführer der Kohler und Partner Elektro AG, zur definitiven Einführung des neuen Arbeitszeitmodells. Nach einer achtmonatigen Testphase hat er die Viertagewoche Anfang September fest in seinem Unternehmen eingeführt. Für seine Mitarbeitenden dauert eine Arbeitswoche nun noch vier statt fünf Tage mit 36 statt 40 Arbeitsstunden für den gleichen Lohn wie zuvor. «Das bedeutet, dass wir insgesamt zehn Prozent mehr Lohn auszahlen als zuvor», verrät Kohler. «Kein Betrag, den wir mit der Marge ausgleichen können.»
Zu diesem finanziellen Mehraufwand bringe das neue Arbeitsmodell auch logistische Herausforderungen und Anpassungen in der Betreuung der Lernenden mit sich. «Die Lernenden sind per Gesetz zu 40 Arbeitsstunden pro Woche verpflichtet», weiss der Unternehmer aus Wil. Die aktuell zwei Lernenden müssen also einen halben Tag länger arbeiten als die ausgelernten Fachkräfte. «Eine Bedingung für die Einführung der Viertagewoche war, dass sich dadurch für die Kundschaft nichts ändert», betont Kohler. Deshalb sei für Service-Reparaturarbeiten auch freitags immer ein Service-Monteur im Dienst. Dieser sei dann jeweils auch für die Betreuung der Lernenden zuständig. Wer von den drei Service-Mitarbeitern den Freitagsdienst innehabe und wer den freien Tag an einem anderen Wochentag kompensiere, machen diese untereinander aus.
Guido Kohler selbst arbeitet nicht weniger als zuvor – im Gegenteil: Wenn seine Mitarbeitenden nicht im Unternehmen seien, müsse er ran. «Ich arbeite im neuen Modell mehr als zuvor», so der Geschäftsführer. Trotzdem ist er vom Arbeitsmodell überzeugt. Mit der Viertagewoche wollte er vor allem seinen langjährigen Mitarbeitern etwas zurückgeben. «Einige meiner Leute begleiten mich seit den Anfängen von Kohler und Partner vor 21 Jahren», sagt Kohler stolz. «Ich mag mir einbilden, von Konkurrenten anfänglich belächelt worden zu sein», beschreibt der Geschäftsführer die Reaktion seiner Mitbewerbenden auf das neue Arbeitsmodell. Er vermute allerdings, dass dies eine Reaktion von eigener Unsicherheit gewesen sei. Ansonsten habe er zu dem Projekt viele positive Feedbacks erhalten – innerhalb und ausserhalb des Unternehmens.
Auch von der Kundschaft und anderen Bekannten sei die Resonanz ohne Ausnahme positiv ausgefallen. «Das Pilotprojekt ist auf grosses Interesse gestossen», verrät Kohler. Er sei einige Male persönlich darauf angesprochen worden. Das Ziel, Kohler und Partner mit dem neuen Arbeitszeitmodell im Arbeitsmarkt als progressives Unternehmen zu positionieren, sei gut erreicht worden. «Die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau hat sich verändert, das erklärt sich von selbst», so der Wiler. Auf eine hohe Lebensqualität werde immer grösseren Wert gelegt – die wenigsten würden noch 100 Prozent arbeiten wollen, führt er aus. «Der Arbeitgeber muss sich mitbewegen.»
Weniger Arbeitszeit bedinge allerdings erhöhte Produktivität, so Kohler. «Ich bin überzeugt, dass die Produktivität, insbesondere in Handwerksbetrieben, wesentlich verbessert werden kann – nicht nur bei Kohler und Partner», ist er sich sicher. Um dies zu erreichen, habe er in der Testphase für seine Mitarbeitenden verschiedene Schulungen organisiert. Einige davon habe der Geschäftsführer selbst geleitet, andere seien von angestellten Projektleitern oder externen Fachleuten durchgeführt worden. In diesen Schulungen sollten nicht nur die Produktivität, sondern auch das Grundsatzverständnis der Mitarbeitenden für das Unternehmen und deren Reflexionsfähigkeit gefördert werden. «Die Mitarbeitenden sollen selbst zu Unternehmern werden», so Kohler. Natürlich breche dadurch ein Teil der Produktivität wieder weg, gibt er zu. Trotzdem möchte der Wiler weiterhin alle 14 Tage eine Schulung durchführen. «Es macht in jedem Fall Sinn, die Mitarbeitenden einzubeziehen und kommunikativ mit auf den Weg zu nehmen», betont der er.
Was allerdings auch nach erfolgreicher Testphase noch nicht abschliessend beurteilt werden könne, sei die Wirtschaftlichkeit der Viertagewoche, weiss Guido Kohler. Ob das Modell für das Unternehmen in dieser Form finanziell tragbar sei, zeige sich erst nach Vollendung von einem bis zwei Jahren.
Linda Bachmann
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