Claudia Keel-Graf
erklärt, mit welchen Zutaten dasThurbobräu gebraut wird.
Guido Wick (Gruene) am zweiten Tag der Junisession des St. Galler Kantonsrates die wegen dem Coronavirus in der Olmahalle stattfindet, am Mittwoch, 3. Juni 2020, in St. Gallen. © Benjamin Manser
Wil Guido Wick, wie haben Sie von Ihrer Abwahl aus dem Wiler Stadtparlament erfahren?
Wie alle anderen auch über den Informationsdienst der Stadt Wil.
Was löst die Abwahl bei Ihnen persönlich für Gefühle aus?
Frust und ganz viel Unverständnis.
Warum Unverständnis?
Ich bin davon ausgegangen, dass mich die Wählerinnen und Wähler, die mich seit 32 Jahren wählen, wieder wählen werden. Das war eine Fehleinschätzung. Der Grund dafür ist wohl in den sozialen Medien zu suchen – aus meiner Sicht in diesem Fall eher asoziale Medien. Gegen mich wurde ohne Kenntnisse der Faktenlage eine regelrechte Kampagne gefahren, die ihresgleichen sucht. Darüber zu sinnieren, ist unnötig, denn auf dieses Niveau möchte ich mich gar nicht herunterlassen.
In den sozialen Medien wurden Sie rund um die Vorgänge zum Gartencenter Rutishauser zum Buhmann. Bis heute haben Sie allerdings nie persönlich Stellung genommen zu den Vorgängen. Warum nicht?
Weil es die Öffentlichkeit nichts angeht. Auch ein Politiker hat ein Privatleben, und dieses mache ich nicht öffentlich, egal wie laut gewisse Kreise brüllen. Es ist ein privater Rechtsstreit, der seit 30 Jahren andauert. Wenn sich ein Parlamentarier scheiden lässt und seine Frau ebenfalls in der Öffentlichkeit steht, trägt man dies deswegen auch nicht nach aussen. Mich nun an den Pranger zu stellen und mich dafür verantwortlich zu machen, dass ein Geschäft in Wil schliessen respektive umziehen muss, ohne den vielschichtigen Sachverhalt zu kennen, geht einfach nicht. Die Kritik soll an den gehen, der das Recht missachtet, sowie an die Bauverwaltung, die dieses Fehlverhalten stützt, und nicht an den, der darauf aufmerksam macht. Würde der grösste Arbeitgeber der Stadt Wil mit zwei Promille durch die Stadt fahren und einen tödlichen Unfall verursachen, würde man ja auch nicht den Staatsanwalt kritisieren, wenn dieser eine Haftstrafe ausspricht und das Unternehmen deswegen schliessen muss. Das ist die gleiche Logik. Wir leben in einem Rechtsstaat und die Rechtsnormen gelten auch für die Einflussreichen und Vermögenden.
Und warum haben Sie sich auf Social Media nicht verteidigt?
Ich habe über Dritte von den Vorwürfen gegen mich in den sozialen Medien erfahren, da ich auf den Plattformen selber nicht unterwegs bin. Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, mich zu äussern, habe mich aber dagegen entschieden aus den bereits erwähnten Gründen.
Mit 801 Stimmen haben Sie nur halb so viele geholt wie vor vier Jahren. Wo sind die anderen 800 Stimmen, die Sie nicht auf Ihre Seite ziehen konnten?
Keine Ahnung. Das müssen Sie die Wähler selbst fragen.
Welche Antworten würden Sie erwarten?
Die Wilerinnen und Wiler kennen meine Politik, es ist seit 32 Jahren die gleiche und ich habe auch seit 32 Jahren das gleiche Rechtsverständnis, es hat sich weder im letzten noch in diesem Jahr etwas daran geändert. Ich frage mich vielmehr, warum mich die Wählerinnen und Wähler dann nicht schon früher abgewählt haben.
Dass die Grünen einen Sitz verlieren könnten, sagte schon der nationale Trend voraus. Was bedeuten Ihre Abwahl und der Sitzverlust für die Grünen prowil?
Es ist eine Schwächung der Fraktion und mehr Arbeit für die verbleibenden Vertreter und die Vertreterin unserer Partei. Dazu kommt, wir haben viele Abstimmungen im Parlament nur sehr knapp gewonnen. Erfolg zu haben, wird nun noch schwieriger. Wichtig ist nun, dass wir mit SP, Mitte und GLP weiterhin gut zusammenarbeiten können. Bei ökologischen Fragen haben wir so immer noch eine Mehrheit. Bei sozialen Fragen wird es sehr eng.
Wie bewerten Sie allgemein die Wahlen vom Sonntag? Ihr Kandidat Sebastian Koller hat es trotz grosser Kampagne nicht in den Stadtrat geschafft.
Wenn ich Sebastian Koller wäre, da bin ich ganz ehrlich, wäre der Frust bei mir noch fünfmal grösser. Machen wir mal eine Analogie zu einem Unternehmen, wie es SVP und FDP gerne tun. Nehmen wir an, ich wäre Arbeitgeber und würde eine Stelle neu besetzen, dazu kämen die Stadträte zum Vorstellungsgespräch, Sebastian Koller hätte in allen Bereichen ein «sehr gut». Dass er nun das zweitschlechteste Ergebnis bei den Wahlen machte, ist unverständlich. Er verfügt über Intelligenz, ist sehr engagiert und vielseitig, hat Gestaltungswillen, Ideen und viel Erfahrung. Weiter ist er integer, produktiv und fleissig, was für ein Exekutivamt unerlässlich ist. Er könnte so viel anderes in seinem Leben machen, engagiert sich aber für die Gesellschaft, das sollte man meines Erachtens schätzen. Grund für sein schlechtes Ergebnis ist sicher die Lobby rund ums Kathi. Leider haben viele nicht erkannt, dass Sebastian einfach eine rechtlich und gesellschaftlich saubere und korrekte Lösung möchte. Nicht mehr und nicht weniger – im Unterschied zu anderen Parteien, die das Kathi abschaffen möchten.
Sie landeten hinter Ihren fünf wiedergewählten Fraktionskolleginnen und -kollegen auf dem sechsten Rang. Somit sind Sie Erstnachrücker. Was machen Sie, wenn Sebastian Koller im zweiten Wahlgang in den Stadtrat gewählt wird, rücken Sie nach?
Nein, für mich ist es gelaufen.
Warum?
Das Ergebnis ist doch klar, ich habe mich um das Amt beworben und habe nicht genug Stimmen erhalten. Das muss man akzeptieren. Und es ist auch nicht so, dass es mir nun langweilig wird, die Politik ist sehr zeitintensiv, genau diese Zeit kann ich nun anders nutzen.
Treten Sie also von der politischen Bühne ab?
Ich denke politisch seit der Oberstufe und werde politisch denken und immer wieder mal Politik machen, bis ich sterbe. Ein Profisportler hört nach seiner aktiven Karriere auch nicht einfach auf, Sport zu treiben.
Nach über 30 Jahren haben Sie nach dem Ausscheiden aus dem Parlament nach eigenen Angaben nun fünf bis sieben Abende und zwei bis vier Tage im Monat mehr zur freien Verfügung. Was machen Sie mit dieser Zeit?
Es wird für mich unter anderem wieder mehr Zeit und Möglichkeiten geben für Kino, Theater, Konzerte, Spielen und Abendessen mit Freunden. Schlussendlich werde ich aber genau gleich weiterleben, nur habe ich nun mehr Raum und Zeit für mich.
Interview: Lui Eigenmann
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