Francesco Cristofari
fuhr spontan mit seinem E-Bike
von Eschlikon
nach Italien.
180 interessierte Personen haben sich auf die 32 Alterswohnungen beworben, die direkt am Bahnhof entstehen. le
Alterswohnungen sind in der Stadt Wil ein begehrtes und sehr begrenztes Gut. Jörg Schneider* hat sich vor gut zwei Jahren auf eine der neuen Wohnungen der Thurvita in der Überbauung Perronimo am Bahnhof beworben – erfolglos. Der Wiler fordert die Politik auf, aktiv zu werden.
Wil «Ein Tropfen auf den heissen Stein», so bezeichnet der Wiler Jörg Schneider* das Angebot an neuen Alterswohnungen der Thurvita AG, die gerade in der Überbauung Perronimo am Bahnhof Wil entstehen. Der 70-jährige Pensionär hatte sich bereits 2022 aufgrund eines Zeitungsberichts zu den besagten Wohnungen auf die Warteliste setzen lassen – und vor wenigen Wochen einen abschlägigen Bescheid erhalten. Bei der grossen Nachfrage nach Alterswohnungen in der Stadt Wil seien Absagen oder lange Wartezeiten nicht unüblich, weiss Schneider. Trotzdem zweifelt er die Fahrtrichtung der Stadt Wil in Bezug auf das Wohnen im Alter stark an.
Begonnen habe das Ärgernis bereits letzten Sommer, erzählt Jörg Schneider. Da habe seine Mutter vom Pflegeheim in ein Altersheim umziehen müssen. «Wir haben lange gesucht, aber in Wil gab es keinen freien Platz mehr», sagt er. Schlussendlich habe sie nun am Wohnort seiner Schwester einen Platz im Altersheim gefunden. Glücklich sei Schneiders Mutter da aber nicht. Über 50 Jahre habe sie in der Äbtestadt gelebt. «Hier sind auch ihre Freunde. Dort, wo sie jetzt ist, kennt sie fast niemanden», so der Wiler besorgt. Das Gleiche könnte auch ihm passieren, befürchtet er.
Dass Jörg Schneider seine Wunsch-wohnung trotz früher Bewerbung nicht erhielt, habe mit den Auswahlkriterien der Thurvita zu tun, weiss er. «Ich bin noch zu fit und würde zu wenige Pflegeleistungen in Anspruch nehmen», vermutet der Pensionär. «Die Thurvita nimmt zuerst die Halbtoten, erst dann die gesunden alten Leute.» Ihm sei klar, dass die Thurvita AG aufgrund ihres sozialen Auftrags verpflichtet sei, eine Triage durchzuführen. «Die Thurvita hält sich an ein faires und transparentes Vergabeverfahren», hält die Aktiengesellschaft auf ihrer Webseite fest. So hätten Interessentinnen und Interessenten aus den Vertragsgemeinden Vorrang. Auch Kriterien wie Pflegebedarf, Wohnsituation und soziale Integration seien entscheidend. «Das mag ja gut und richtig sein. Nur macht für mich die allgemeine Vorgehensweise keinen Sinn», betont der Wiler.
Alte, pflegebedürftige Menschen wären im Alters- oder Pflegeheim besser aufgehoben, findet Jörg Schneider. «So könnte der administrative sowie der pflegerische Aufwand gesenkt werden und es würde gleichzeitig mehr Platz für diejenigen bleiben, die noch fit genug sind und deutlich weniger Unterstützung im Alltag benötigen. Leute wie ich haben bei 200 Bewerbungen auf rund 30 Wohnungen keine Chance.» Und es gibt noch eine Sache, an der sich der 70-Jährige stört: die Wohnungspreise. Die Thurvita habe die Preise vom März auf den April um über 100 Franken pro Partei erhöht. Dazu komme, dass vergleichbare Wohnungen im Gebäude, die nicht von der Thurvita vermietet werden, deutlich günstiger seien. «Gerade im Hinblick auf den sozialen Auftrag der Thurvita AG müsste die Aktiengesellschaft doch tieferpreisige Angebote machen», bemängelt Jörg Schneider. Für ihn ist klar: Die Situation um die Alterswohnungen in Wil ist alles andere als ideal. «Wir haben jetzt schon zu wenig Platz. Es ist wichtig, sich dieses Problems anzunehmen. Denn es ist keins, das man einfach aussitzen kann – es muss eine Lösung her», fordert der Wiler.
*Name der Redaktion bekannt
Linda Bachmann
Die Thurvita betreibt innerhalb der Überbauung Perronimo das Quartierzentrum City. Laut der Kommunikationsverantwortlichen der Thurvita AG, Arianna Maineri, umfasst dieses einen Spitex-Stütz-punkt, ein Tageszentrum, ein Bistro sowie 32 Alterswohnungen. Für diese seien bislang 180 Bewerbungen eingegangen. Neben der Thurvita bietet auch die Genossenschaft für Alterswohnungen Wil Wohnungsraum für Pensionärinnen und Pensionäre an. Von den 206 Wohnungen sind gemäss Daniel Enz, dem Immobilienverwalter von Zoller Partner, aktuell drei zur Vermietung frei. Die Wartezeiten für die verschiedenen Liegenschaften lägen zwischen einem und drei Jahren. Aktuell umfasse die Warteliste rund 50 Interessierte, wobei nicht alle davon dringend eine Wohnung der Genossenschaft bräuchten, sondern sich vorsorglich einmal angemeldet hätten.
Die Thurvita sowie die Genossenschaft für Alterswohnungen Wil vergeben die Wohnungen nach definierten Kriterien: «Am meisten Gewicht hat die Unterstützungs- respektive Pflegebedürftigkeit der interessierten Personen. Weiter sind die aktuelle Wohnsituation und die soziale Integration bedeutsam», zählt Arianna Maineri auf. Zudem berücksichtige die Thurvita auch die Wartezeit seit der Einsendung der Interessensanmeldung. Die Kriterien gelten unabhängig vom Einkommen. «Auch für Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen ist es möglich, in einer Thurvita-Alterswohnung zu leben», betont die Kommunikationsverantwortliche der Thurvita. Dies dank der Unterstützung einer Wiler Stiftung und weil die Wohnungen als «Betreutes Wohnen» und somit mit einem höheren Ergänzungsleistungsbetrag anerkannt seien. «Der Auftrag der Thurvita ist in erster Linie die bedarfsgerechte Unterstützung von pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen im Alter. Demnach richtet sich das Wohnungsangebot an Personen, die dem Zweck der Thurvita entsprechen», begründet Arianna Maineri den angesprochenen «Nachteil» von gesunden Personen ab 65.
Die Preisgestaltung der einzelnen Wohnungen berücksichtige unter anderem Faktoren wie die Lage und den Erstbezug nach Neubau sowie die Vorhalteleistungen, erklärt die Kommunikationsverantwortliche der Thurvita. «Dazu gehören zum Beispiel das immer verfügbare Notrufsystem und die persönlich anwesenden Ansprechpersonen zu Bürozeiten. Die Alterswohnungen, inklusive Innenausbau, wurden zusammen mit Spezialisten bis ins Detail geplant, damit sie den Bedürfnissen der Pensionärinnen und Pensionäre ideal entsprechen.» Dies gehe von den stufenlosen Durchgänge über die kontrastreiche Farbwahl für eine gute visuelle Orientierung bis hin zu zusätzlichen Haltegriffen und der breiten Wohnungstüre. «Durch all diese Elemente unterscheiden sich die Alterswohnungen von den ‹normalen› Wohnungen», so Maineri. Die von Jörg Schneider angesprochenen kurzfristigen Mietpreiserhöhungen verneint sie: Es habe keine Erhöhung gegeben – lediglich eine Korrektur beim Betrag, welche berechtigte Personen als Ergänzungsleistung (EL) erhalten.
Um dem Anstieg der Nachfrage nachzukommen, plane die Thurvita AG derzeit weitere 32 Wohnungen am Standort Sonnenhof. Diese seien, so Maineri, voraussichtlich 2027 bezugsbereit. Die Thurvita sei zudem offen für einen Ausbau des Angebots, sollten sich Möglichkeiten ergeben. Auch die Genossenschaft für Alterswohnungen Wil möchte ihr Angebot gemäss Daniel Enz ausbauen: Man sei seit Längerem auf der Suche nach einer geeigneten Liegenschaft oder einer Bauparzelle, um weitere preisgünstige Alterswohnungen in Wil anbieten zu können.
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