Claudia Veit
hat in ihrem Monster-Wettbewerb eine Gewinnerin erkoren.
Hier im steilsten Stück der Altstadt beobachtet Anwohner Ralph Brügger immer wieder gefährliche Situationen zwischen
Velofahrern und Fussgängern.
Eigentlich sollte das bestehende Velofahrverbot in der Wiler Altstadt schon längst aufgehoben sein, doch dies ist nicht der Fall. Grund dafür sind verschiedene Anwohner und Unternehmer, die sich so gar nicht mit den Plänen der Stadt anfreunden können.
Wil Mit dem Velo durch die Altstadt trotz Verbot, bis anhin wurde dies geduldet und kaum je gebüsst. «Durch das Verbot fuhren die allermeisten mit ihren Velos vorsichtig durch die Altstadt, da sie kaum auffallen wollten», so Christian Naef, Präsident der Wiler Altstadtvereinigung. Doch nun soll genau dieses Fahrverbot aufgehoben werden, das will die Stadt. Genauer soll für die Markt-, Kirch-, Metzger- und Rathausgasse sowie den Marktplatz die Signalisation «Fussgängerzone» ergänzt mit «Velofahren gestattet» werden. Erfahren hat Naef davon nur vier Tage vor Ablauf der Rekursfrist, und das auch noch von Dritten. «Dass die Stadt uns Anwohner und Unternehmer bei diesem Entscheid nicht mit ins Boot geholt hat, ist total unverständlich. Das Thema wurde zwar in der Erarbeitung des BGKs (Betriebs- und Gestaltungskonzepts) besprochen, jedoch nicht in die Massnahmenblätter aufgenommen», so Naef und ergänzt: «Ich habe dann schnellstmöglich die Mitglieder der Altstadtvereinigung informiert und nach Meinungen gefragt. Daraus ergaben sich mehrere Rekursteilnehmer. Schnell haben wir Einsprache gegen die Pläne erhoben», so Naef. Ende Dezember wurden die Rekursteilnehmer zu einem Gespräch im BUV eingeladen. Der Tenor war klar: «Wir können den Rekurs gerne weiterziehen jedoch sind unsere Chancen gegen einen Stadtratsentscheid gering.»
Für Christian Naef sind die Pläne der Stadt zur Aufhebung des Fahrverbots eine Alibiübung: «Es gibt schlicht keine Logik, warum man das Verbot aufheben sollte. Mit dem Fahrrad kann man gut über die Grabenstrasse oder den Weier fahren, das ist erst noch bequemer. Zudem können Fahrradfahrer in die Altstadt bis zu den Fahrradständern fahren und dann wie alle Besucher ihre Erledigungen zu Fuss machen, wie das auch von den Autofahrern verlangt wird.» Besonders Sorgen macht Naef aber die Sicherheit, welche laut dem Wiler eklatant leiden würde: «Es wird jetzt schon regelmässig durch die Altstadt gerast, besonders den Stich hinab in Richtung Obere Bahnhofstrasse.» Wird das Verbot aufgehoben, ist sich Naef sicher, wird das den Durchfahrtsverkehr steigern und die Raser gehören zur Tagesordnung: «Ich möchte mir nicht vorstellen, wenn ein Fahrrad ein Kind trifft. Das ist in meinen Augen schlicht unverantwortlich und mit gesundem Menschenverstand nicht zu erklären.»
Mit seinen Sorgen ist Christian Naef nicht alleine. Gleich mehrere Anwohner und Unternehmer haben die WN erreicht, welche ins gleiche Horn blasen. Einer ist Ralph Brügger, der schon seit vielen Jahren an der Kirchgasse wohnt und die Altstadt aus dem Effeff kennt. «Schon mehrmals konnten wir als Altstadtbewohner die Beobachtung von hochgefährlichen Situationen machen, in welchen Fussgänger im Allgemeinen, Gäste und Servicepersonal der anliegenden Gastrobetriebe sowie ältere Bewohner und Kleinkinder nur knapp einem schweren Unfall entgangen sind», so Brügger, der im Gespräch gleich noch ergänzt: «Wer übernähme bei einem solchen Unfall die Verantwortung? Politiker etwa, welche einen solchen Unfug erzwingen wollen?» Es sei für Brügger und viele weitere Altstädtler unverständlich und bringe abgesehen davon keinen Nutzen. «Wenn man nun eine Öffnung für den Fahrradverkehr anstrebt werden so hochgefährliche Situationen provoziert», klagt Brügger an.
Einer, der sich nach eigenen Angaben nicht gerne für Verbote ausspricht, ist Franco Diomaiuta, der mit seiner Frau das «La Moka» in der Altstadt führt. Doch in dieser Sache muss der Barista über seinen eigenen Schatten springen, wie er selber sagt: «Dieses Verbot darf auf keinen Fall aufgehoben werden.» Diomaiuta rückt vor allem den Sommer in den Fokus, wenn das «La Moka» seine beliebte Terrasse in Betrieb hat. «Wenn unsere Servicefachangestellten die Marktgasse vom Restaurant her queren müssen, kommt es schon jetzt immer wieder zu brenzligen Situationen. Sollte man das Verbot aufheben, sind Unfälle vorprogrammiert, da bin ich mir sicher.» Wie Christian Naef kritisiert auch Diomaiuta den Umstand, dass die Gewerbetreibenden in der Altstadt nicht in die Entscheidung miteinbezogen wurden: «Dann hätten wir alle sagen können, dass die Aufhebung nur Nachteile mit sich bringen würde.»
Die Velofahrer gut im Blick hat auch Marco Ellena-Venturini, der an der Marktgasse seit vielen Jahren sein Geschäft betreibt. «Ich kann es fast nicht glauben, dass die Stadt die Aufhebung in Betracht zieht», schimpft Ellena-Venturini auf Anfrage dieser Zeitung. Was dem Goldschmied vor allem ein Dorn im Auge ist, ist, dass das Velofahrverbot in der Altstadt, nicht aber in der Oberen Bahnhofstrasse aufgehoben werden soll: «Das macht einfach keinen Sinn, die Altstadt ist so eng, so steil, da ist die Obere Bahnhofstrasse ja heilig dagegen. Dazu die ganzen Hauseingänge, aus denen Menschen treten können, und die Gastronomie. Warum also diese Entscheidung?» Auch Ellena-Venturini pocht auf eine andere Lösung: «Die Grabenstrasse und die Strasse entlang des Weiers bieten sich doch förmlich an, um sie mit dem Velo zu befahren.» Der Unternehmer geht sogar noch einen Schritt weiter: «Ja, es gibt ab und an durch Anlieferungen auch Autoverkehr in der Altstadt, doch dieser ist nicht Ansatzweise so gefährlich wie die Velos.» Der Tenor in der Altstadt ist nach Recherchen der WN klar: Das Verbot soll auf jeden Fall bestehen bleiben. Bleibt abzuwarten, wie die Stadt entscheidet.
Lui Eigenmann
Urs Müller, Departementsleiter Bau, Umwelt und Verkehr, äussert sich auf Anfrage der WN wie folgt: «Die geplante Öffnung der Altstadt Wil für Velos fördert die Nutzung des Veloverkehrs und verbessert die Erreichbarkeit. Eine Unfallanalyse zeigt, dass in den letzten zehn Jahren keine Unfälle mit Fussgängern oder Velofahrenden in diesem Bereich verzeichnet wurden. Mit einem nachvollziehbaren und einfachen Verkehrsregime wird die Koexistenz von Velos, Fussgängern und teilweise Autos gewährleistet. Aufgrund der bestehenden Fussgängerzone ist nur Schritttempo erlaubt. Schnelle Velofahrende werden weiterhin die Hauptroute um die Altstadt bevorzugen, weshalb nicht mit einem Mehrverkehr zu rechnen ist. Falls nötig, werden zudem Sensibilisierungsmassnahmen ergriffen, um die gegenseitige Rücksichtnahme zu fördern. Die geplante Änderung wurde mit der Kantonspolizei abgestimmt. Schliesslich wird die Massnahme durch bestehende Konzepte und Strategien unterstützt und erfolgt auch aufgrund des Betriebs- und Gestaltungskonzepts Altstadt, wozu ein partizipativer Prozess mit Einbindung der Altstadtvereinigung stattfand. Die eingegangenen Rekurse werden durch das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St.Gallen behandelt. Die Stadt hat vorgängig, wie richtig erwähnt, nochmals das Gespräch mit den Rekurrenten gesucht.»
Ich relativiere an dieser Stelle das Statement der Stadt. Die Suche zum Gespräch mit der Stadt fand wohl statt (nach Rekurs), doch das Fazit lässt sich in kurze Worte fassen "..wir von der Stadt bleiben dabei und lassen nicht mit uns diskutieren.". :O( Ebenso ist es nicht fair sich hinter Kantonspolizei und Justizdepartement zu verstecken. Diese führen nur aus, was die Politik initialisiert hat.
Ralph Brügger antwortenLade Fotos..