Francesco Cristofari
fuhr spontan mit seinem E-Bike
von Eschlikon
nach Italien.
Brigitte Werz töpfert Urnen, die sich im Wasser innerhalb von zwei Stunden auflösen.
Wenn aus Ton ein stiller Begleiter für den Abschied wird: Brigitte Werz gestaltet Wasserurnen, die sich auflösen und dabei die Verstorbenen sanft auf ihre letzte Reise mitnehmen.
Niederbüren Die Strömung lässt das Wasser sanft um das Tongefäss fliessen. Kontinuierlich trägt es den Ton fort, bis das Gefäss am Ende aufbricht und die darin enthaltene Asche mitgenommen wird. Was da sanft zerfällt, ist eine Wasserurne. Brigitte Werz fertigt die Urnen in ihrer Werkstatt in Niederbüren an. Jedes Tongefäss ist individuell. «Für mich sind die Wasserurnen ein Ausdruck meiner Kunst sowie ein spiritueller Begleiter in die letzte Ruhe.»
«Der Gedanke, in einer Wasserurne die letzte Reise anzutreten, hat mich schon lange fasziniert», erzählt Brigitte Werz. Vor 32 Jahren begann die Niederbürerin mit dem Töpferhandwerk. Zu den Wasserurnen kam sie durch die Anfrage eines Kunden. «Er fragte, ob ich auch wasserlösliche Urnen machen würde», erinnert sie sich. Daraufhin begann Werz sich mit Wasserurnen zu beschäftigen. «Ich experimentierte zuerst mit kleinen Urnen.» Auch wenn Brigitte Werz am Ende keine Urne an ihren Kunden verkaufen konnte, die Faszination blieb. Rasch kam es zu einer Zusammenarbeit mit dem Krematorium St.Gallen. «Ich erhalte pro Jahr rund fünf Aufträge», verrät die Künstlerin. Dies seien mehr als noch vor zehn Jahren. «In unserer Gesellschaft gewinnen alternative Bestattungen immer mehr an Beliebtheit.» Die Wahrscheinlichkeit, dass die Wasserbestattung zur Norm werde, schätzt Brigitte Werz allerdings als sehr gering ein. «Im Kanton St.Gallen ist eine Wasserbestattung nicht erlaubt. Dennoch gibt es Wege, einen solchen Abschied möglich zu machen», so die Künstlerin. Vor allem würden sich Menschen mit einem starken Bezug zu Wasser eine solche Bestattung wünschen: «Ich finde es schön, dass ein Fischer, der sein Leben lang auf dem Wasser war, dort auch seine letzte Ruhe findet.»
Beim Anfertigen einer Wasserurne ist es der Niederbürerin besonders wichtig, schon beim Entstehungsprozess viel Ruhe reinzubringen. «Da ich nicht weiss, wer seine letzte Ruhe in meiner Urne finden wird, versuche ich, gute Gedanken mit einfliessen zu lassen.» Musik suche man beim Entstehungsprozess in ihrer Werkstatt vergebens. «Sonst läuft bei mir viel Musik, aber bei den Wasserurnen bleibe ich in der Stille.» Neben Anfertigungsaufträgen ist es bei Brigitte Werz auch möglich, unter ihrer Anleitung selbst eine Urne aus Ton zu töpfern. «Erst kürzlich war eine Dame bei mir in der Werkstatt und fertigte eine Wasserurne für ihren verstorbenen Mann an», erzählt die Künstlerin. Solange der Ton nicht nass werde, weiss Werz, könne die Urne jahrzehntelang aufbewahrt werden. «Erst wenn sie mit Wasser in Berührung kommt, löst sie sich auf.» Dies dauere je nach Gewässer rund ein bis zwei Stunden, erklärt sie.
Eine Wasserurne aus getrocknetem Ton, betont Werz, ist ein Naturprodukt, das der Natur wieder zurückgegeben wird. «Es ist ein schöner Kreislauf.» Der Künstlerin sei ebenfalls bewusst, dass die Kremationsasche nicht frei von Giftstoffen ist. «Natürlich hat auch jeder Mensch Gift in sich. Eine Störung des Ökosystems sehe ich bei der kleinen Menge an Wasserbestattungen im Jahr jedoch nicht», sagt sie. Steige die Belastung nachweislich an, müsse man die Situation jedoch neu bewerten. Brigitte Werz weiss, dass nicht alle begeistert von ihrer Arbeit sind. «Ich kann mit Kritik gut umgehen», stellt die 69-Jährige klar. «Am Ende sind die Hinterbliebenen diejenigen, die die Entscheidung fällen.» Der Gedanke, mit der Strömung auf eine neue Reise zu gehen, sei für sie jedoch ein sehr schöner. So beginnt mit dem Auflösen der Urne auch etwas Neues – still, natürlich und mit einem letzten Zeichen von Handarbeit.
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